Es gibt ein Kinderspiel, es wird aber auch als Übung zur allgemeinen Auflockerung zu Beginn von Workshops o.ä. verwendet:
Eine Gruppe von Menschen in einem Raum. Musik wird abgespielt vom Band und alle sind aufgefordert sich dazu zu bewegen, beziehungsweise zu tanzen.
Dann drückt die leitende Person unvermittelt auf die Stop-Taste, oder klatscht in die Hände, oder macht sonst ein Geräusch, die Musik stoppt und alle müssen in der Bewegung verharren, in der sie gerade sind.
Das ist dann lustig, weil dann einige ins Schwanken kommen und sich gegebenenfalls nicht auf den Beinen halten können. Andere, die in diesem Moment
gerade einen festen Stand hatten, und nicht in großem Schwung waren, haben Glück, triumphieren und haben gewonnen.
Soweit dieses Spiel.
Als die Stopp-Taste gedrückt wurde im letzten März, war ich gerade neu im Harz, ohne hier einen einzigen Menschen zu kennen.
Was harmlos als Ortswechsel gedacht war, hat sich zu meinem größten Abenteuer entwickelt,
ist zur Langzeit-Selbsterfahrung geworden.
Es gilt jeden Tag auf's Neue das Gestalten meiner Zeit, im von außen möglichen Rahmen,
das Gestalten des eigenen Befindens,ohne die Hilfe von Impulsen anderer,
und es gilt die Nerven zu behalten.
Das Jahr ist vorübergegangen und es wäre eine Gelegenheit gewesen jetzt einen Schnitt zu machen und zu sagen:
So, vorbei ist 2020, Jahr der Abschiede, jetzt wird die Seite umgeschlagen und etwas Neues beginnt. Jetzt gilt es zu den anderen zu gehen!
Aber es beginnt in dieser Beziehung bislang nix Neues.Sie sagen bis mindestens Ende Januar nicht.
Es sind da immer noch all die geschlossenen Einrichtungen, die nötig wären um als Neuankömmling
im neuen Ort fuß zu fassen, es sind immer noch wir maskiert, einen Bogen um uns machend.
Immer noch die gedrückte Stimmung in den Straßen der nächsten Stadt und in den verbleibenden
geöffneten Geschäften.
Ich bin schon hier, doch ist der Anfang auf unbestimmte Zeit verschoben.
Was bleibt, in diesem Schwebezustand, ist darauf zu hören und darauf zu bauen was sonst noch ist.
Und das ist ja nicht wenig.
In gewisser Weise sind Freiheit und Einsamkeit eng miteinander verwandt.
Bei beiden wird der Boden mit den Füßen nur leicht berührt.
Es gibt da diese Umgebung, die mich jeden Tag neu staunen lässt.
Es gibt zwei Gitarren schnell gestimmt, es gibt weitere Arbeitsmaterialien aller Art, eine Kamera und ein Tablet.
Eine warme Wohnung und eine Küche mit Töpfen und Herd.
Und einen Hund und eine Steppe voller Zeit.
Da was draus machen.
Aus dem was ist.
Die Fragen was sein könnte, und was hätte sein können, unbeantwortet beiseite zu schieben.
Das ist die Aufgabe.
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